Die heile Welt, so weiß und still?
Löhnig, Inge - In weißer Stille
- Broschiert; 441 Seiten
- Verlag: Ullstein Tb (1. Februar 2010)
- ISBN-10: 354826865X
- ISBN-13: 978-3548268651
Die Autorin
Inge Löhnig lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München. Die Grafikdesignerin veröffentlichte 2008 ihren Debut-Kriminalroman „Der Sünde Sold“. Anfang 2010 erschienener Krimi „In weißer Stille“ ist der zweite Fall des Kommissars Konstantin Dühnfort.
Mein Eindruck
Konstantin Dühnfort, leidenschaftlicher Hobbykoch und hauptberuflich Kriminalkommissar, ermittelt in einem Mordfall, der erst ziemlich klar sein scheint. Wolfram Heckeroth, ein pensionierter Kinderarzt, wird tot in seinem Ferienhaus aufgefunden, mit eigenen Gürteln gefesselt und qualvoll verdurstet.
Im ersten Augenblick deutet alles auf einen Raubmord hin, doch gibt sich der Ermittler mit dieser Theorie zufrieden? Er gräbt im persönlichen Umfeld des Ermordeten und stößt dabei auf weitere Hinweise - oder sind es doch nur falsche Fährten?
Die Familie Heckeroth scheint auf den ersten Blick ein heiler Mikrokosmos zu sein. Wolframs Lieblingssohn Albert trat in die Fußstapfen des Vaters und ist selbst erfolgreicher Arzt. Dazu hat er seine smarte Frau Barbara, die sofort die Sympathie des Lesers weckt und zwei Söhne. Seine Schwester Caroline ist erfolgreiche Businessfrau und nur der jüngere Bruder Bertram scheint etwas aus der Reihe zu schlagen...
Nach und nach erfährt der Leser, was hinter dieser idyllischen Fassade alles steckt...
Inge Löhnig hat einen spannenden, von der ersten bis zur letzten Seite fesselnden Krimi geschaffen. Nicht actionlastig, nicht blutrünstig, keinesfalls brutal - aber mitreißend und ergreifend. Nicht nur das private Umfeld des Kommissars Dühnfort wird erläutert, sondern auch das Leben der drei Sprösslinge Heckeroth, sodass man sich sofort in die Geschichte hineinversetzt fühlt, als wäre man selber vor Ort anwesend, in der kleinbürgerlichen Wohnung der Familie Albert Heckeroth "im Herzen Schwabings" oder mitten im Wald vor dem Ferienhaus des Vaters - alleine durch die angemessene Sprache und stilistische Feinheiten schafft die Autorin die passende Athmosphäre. Die Charaktere sind sehr lebendig, durch die Einblicke in deren jetzigen Lebenswandel und auch durch die Erläuterung der Vorgeschichten. Die Dialoge und die Handlungen lassen die Personen sehr echt wirken, Menschen wie du und ich. Schließlich sind auch die Mordkommissare ganz normale Menschen, mit ihren Schwächen, Problemen und Krankheiten. Und eine Familie von nebenan, die so nett sein scheint, könnte durchaus ihre Leichen im Keller haben...
Besonders gelungen sind die eingebauten falschen Fährten in den Ermittlungen, die nicht nur den Polizeibeamten die richtige Spur verdecken, sondern auch den Leser trügen und den Schluss damit noch überraschender wirken lassen.
Der Titel lässt erst vermuten, dass die Geschichte im Winter spielen könnte, was allerdings nicht richtig ist. "Weiße Stille" ist ein Ausdruck der Seeleute für ein Wetterphänomen, bei dem keinerlei Luftbewegung wahrnehmbar ist.
Spätestens am Schluss dieses gelungenen Kriminalromans wird klar, dass der Titel von Inge Löhnig absolut zutreffend gewählt wurde.
Ohne zuviel verraten zu wollen, muss ich jedoch anmerken, dass der Schluss nochmal ein bombastisches Sahnehäubchen zu diesem gelungenen Roman darstellt und den Leser auf den letzten Zeilen nochmal so richtig von den Socken haut!
Ich kann das Buch absolut weiterempfehlen, es ist ein gelungener „deutscher“ Krimi, der einem beim Lesen so richtig nahe geht, bedingt durch ehrliche, realitätsnahe Charaktere, fesselnde Story und den Ort der Geschehnisse „um die Ecke“.
Meine Bewertung
(von fünf)